Die Maße am Fuß des Freiburger Münsterturms

Kleine Brötchen

von Peter Kalchthaler



Am Freiburger Münster befinden sich an der Nordwestecke Umrisse von Brotlaiben. Ein runder Laib ist mit der Jahreszahl 1320 versehen, ein größerer Spitzwecken ist 1270 datiert. War das Getreide teuer, mussten »kleinere Brötchen« gebacken werden. Und hier am Münsterportal konnten die Brotmaße überprüft werden.

Obwohl der heute als Schauplatz des täglichen Marktes so beliebte Münsterplatz bis ins 16. Jahrhundert als Freiburgs Hauptfriedhof gedient hatte und noch bis ins 18. Jahrhundert durch die Kirchhofmauer von der städtischen Betriebsamkeit abgetrennt war, hatte er in seinen Randbereichen lange dem Handel gedient.

In engstem Bezug zum Markt stehen auch die Normmaße und Inschriften, die zu verschiedenen Zeiten am Fuß des Münsterturms angebracht worden sind. Hier kann man die Daten und die Dauer der beiden Jahrmärkte nachlesen, die 1379 gestiftet wurden und auf die noch heute Frühjahrs- und Herbstmess’ zurückgehen. Die in Freiburg übliche Elle als selbst am Oberrhein überall leicht unterschiedliches wichtiges Längenmaß ist ebenso ablesbar wie die Größe und Form der Dachziegel auf dem Münster und den Gebäuden der Stadt. Für den Sester oder Scheffel als dem wichtigsten Getreidemaß sind Höhe und Durchmesser des Messgefäßes eingezeichnet. Gleich um die Ecke sind die wohl bekanntesten Freiburger Normmaße zu finden: runde Brotlaibe und spitze Wecken in verschiedenen Formen und Größen, datiert 1270, 1317 und 1320. Da der Brotpreis immer gleich blieb, sich aber die Größe des Brotes am Getreidepreis orientierte, mussten die Bäcker in Zeiten von Teuerung die sprichwörtlichen »kleinen Brötchen backen«. So konnten Hersteller wie Kunden prüfen, ob die Vorschriften beim Backen eingehalten worden waren.

 

Peter Kalchthaler war Leiter der Abteilung Museum für Stadtgeschichte im Wentzingerhaus am Münsterplatz. Er hat zahlreiche Bücher und Beiträge zur Architektur- und Kunstgeschichte Freiburgs veröffentlicht.